Von Walter Grupp und Franziska Ebersberger.
Es wird viel getan, um uns das Fliegen, der Umwelt zuliebe, zu vergällen. Dabei zählt Luftfahrt gerade nicht zu den primären Klimaschädigern. Sie produziert weniger als 3% CO2, auch wenn die Schädigung in den letzten Jahren zugenommen hat. Allein Busse und Lastwagen verursachen rund 18%.
Daher muss auch noch der ungerechte Wettbewerb zwischen Flugzeug und Bahn herhalten, um mehr Akzeptanz für eine stärkere Belastung des Luftverkehrs zu gewinnen. Beim Fliegen fällt keine Kerosinsteuer an. Auf internationale Flüge wird keine Umsatzsteuer erhoben. Bayerns Söder schlägt anstelle neuer Belastungen vor, die Bahn ganz einfach billiger zu machen, so z.B. indem die Umsatzsteuer auch für die Schiene maßgeblich reduziert wird. In Zeiten sprudelnder Steuereinnahmen kommt das bei den reisenden Steuerzahlern gut an.
Auf dem Weg zu einem „grüneren“ Belgien?
Frankreich hat gerade eine Flugticketabgabe beschlossen. Andere Länder wie die Niederlande, Dänemark oder Malta haben sie wieder abgeschafft. Österreich hat sie wegen der Abwanderung der Passagiere letztes Jahr halbiert. In Schweden und Belgien wurde ein nationales Gesetzesvorhaben aufgrund des negativen Zuspruchs gleich wieder zurückgezogen. Doch Belgien hat nun die Initiative ergriffen und schlägt seinen EU-Partnern eine Steuer auf europäischer Ebene für die kommerzielle Luftfahrt vor. Es will gar eine Vorreiterrolle für diese Initiative übernehmen.
Eine europäische Kerosinsteuer von 33 Cent pro Liter würde jährlich 9,5 Milliarden Euro in die öffentlichen Kassen fließen lassen. Ein Mehrwertsteuersatz von 15% auf Flugtickets würde 17 Milliarden Euro ausmachen. Und eine feste Steuer von 10 Euro auf Tickets innerhalb der EU und 20 Euro außerhalb der EU würde 11 Milliarden Euro einbringen. Das hat die Umweltorganisation Transport & Umwelt errechnet.
Die Steuer soll als EU-Steuer direkt in die EU Kasse fließen
Weil die Ticketabgabe in Belgien mangels Befürworter wieder eingestampft wurde, verwundert ein Vorschlag, die Luftfahrt an Belgien vorbei über eine EU-Steuer zur Kasse zu bitten. Bei dem in Steuerfragen geltenden Einstimmigkeitsprinzip wäre ja die Zustimmung der Belgier notwendig. Das EU-Einstimmigkeitsprinzip im Steuersektor ließe sich dadurch umgehen, dass die„Steuer“ vom Staat gar nicht einbehalten wird, sondern nach dem Vorbild der Schweiz als „Lenkungsabgabe“ den Treibstoffverbrauchern aus der Tasche gezogen wird und aufkommensneutral an die Bürger zu gleichen Teilen wieder zurückgegeben wird. Alternativ sind weitere nationale Problemlösungen möglich, wie sie von Deutschland mit der Luftverkehrsabgabe praktiziert wird, die aber nur wieder den Wettbewerb verzerren.
Irland, Schweden, Malta und Zypern, aber auch Deutschland haben direkte Steuern auf europäischer Ebene stets abgelehnt, insbesondere auch den Vorschlag, bei Steuern die Einstimmigkeit durch eine qualifizierte Mehrheitsentscheidung zu ersetzen.Damit muss auch die neue Kommissionspräsidentin leben, wenn sie eine CO2-Grenzsteuer vorschlägt.
Auch Macron hat daher in Frankreich die auf EU-Ebene gescheiterte Digitalsteuer national eingeführt, in der Hoffnung, dass ihm Deutschland und andere folgen. Frankreichs Ziel scheint zu sein, immer mehr europäische Partner zu überzeugen bzw. einzubeziehen, um zu einer möglichst einheitlichen Unternehmensbesteuerung zu kommen. Alles bleibt freiwillig. Das ist ein guter Weg, ohne die Gefahr, Brüssel könne bei dem immer noch bestehenden Demokratiedefizit neue Steuern schaffen.
Umweltfreundliche Treibstoffe
Andere Wege, die auf weit mehr Akzeptanz stoßen, sind im Flugverkehr die Entwicklung synthetischer und damit umweltfreundlicher Treibstoffe. Dafür müssen die Anreize auf EU-Ebene verstärkt werden. Genauso die Entwicklung von sparsamen Triebwerken. Selbst elektrisch angetriebene Verkehrsflugzeuge sind nicht mehr undenkbar. Hier fehlt es sowohl auf nationaler wie europäischer Ebene an einer stärkeren Zusammenarbeit zwischen Politik und Forschung, wie es der FDP Umweltexperte Manfred Vohrer seit jeher fordert. Ehrlicherweise muss jedoch gesagt werden, dass relevante klimapolitische Auswirkungen auf dieser innovatorischen Schiene frühestens in 5 Jahren zu erwarten sind.
Das mit Abstand preiswerteste und wettbewerbsgerechteste Instrument wäre der EU-weite Emissionshandel. Er ist seit 2012 auch im innereuropäischen Luftverkehr anwendbar. Die Grundidee ist einfach: Für das Recht, schädliches Kohlendioxid in die Luft abzugeben, gibt es auch für Luftverkehrsbetriebe Obergrenzen. Diese Begrenzung wird von einem Ausschuss der EU festgelegt. Für dieses Recht gibt es Emmissionszertifikate. 1 Zertifikat erlaubt die Emission von 1 Tonne CO2. Wer z.B. 5 000 km mit dem Auto zurücklegt, stößt ungefähr 1 Tonne CO2 aus. Für einen Langstreckenflug hin und zurück fallen 1 bis 2 Tonnen CO2 an. Die genannte Obergrenze wird jährlich verringert, um die Schadstoffbelastung zu senken.
Dem Emittenten steht es frei, ob er Schadstoffe bis zur Obergrenze der zugelassene Menge freisetzt oder versucht, die Schadstoffmenge durch technische Innovationen, Installation von Filtern etc. zu verringern. Erreicht er eine Reduktion der Emissionsmenge, verfügt er über überschüssige Emissionsrechte. Diese kann er an andere Emittenten weiterverkaufen.
https://www.bmu.de/themen/klima-energie/emissionshandel/emissionshandel-was-ist-das
Bis zu einer konsequenten Umsetzung ist mit mindestens 3 Jahren zu rechnen – so Umweltexperte Vohrer. Daher sind die erwähnten nationalen Übergangslösungen so zu gestalten, dass sie ohne zeitliche Verzögerungen an das europäische Emissionshandelssystem angepasst werden können.
Fortschritte in Steuerfragen
Gerade in Steuerfragen wurden jedoch in der EU auch schon bisher ohne Änderung der Beschlusslage überraschend große Fortschritte erzielt. Steuervermeidung und -hinterziehung wurden bereits erheblich eingedämmt, indem die Transparenzvorschriften verschärft wurden. Fast jeder Rentner, der im Glauben war, er bekäme in Luxemburg mehr Zinsen, hat vom Finanzamt einen Fragebogen erhalten. Zwischen den Mitgliedstaaten werden mehr Informationen über grenzüberschreitende Steuerangelegenheiten von Bürgern und Großunternehmen ausgetauscht denn je zuvor. Die neuen Regeln zum Online-Verkauf von Waren und Dienstleistungen ebenso wie die Einführung neuer Instrumente, welche die Zusammenarbeit der Finanzämter verbessern, um so Mehrwertsteuerbetrug schneller festzustellen, tragen Früchte.
Schließlich kann aber auch jeder Einzelne seinen freiwilligen Beitrag leisten. Es gibt inzwischen eine Vielzahl an Anbietern, die einen klimaneutralen Flug durch eine Ausgleichszahlung bzw. Kompensation ermöglichen.
Alles zeigt – es gibt überzeugendere Wege als das ständige Drehen an der Steuerschraube.
Walter G. Grupp
ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Steuerrecht (DE)
Comptable-fiscaliste agréé IPCF (BE)